Back to school

Work in progress

7 Uhr morgens, Juni 2022, nur einen Tag, nachdem wir endlich, nach allen Formalitäten, Notaren, Hin- und Her und Tagen in der Warteschleife, den Schlüssel in den Händen halten, kommt schon der Umzugswagen, vollgeladen mit all den Sachen aus unserem Elternhaus in Brüssel! Eine Punktlandung und keine einfache Aktion: Da die Gassen für den großen LKW zu schmal sind, muss auf einem Parkplatz weiter unten in einen kleinen Transporter umgeladen werden. Zwei junge Männer aus Perpignan helfen und stapeln wild Möbel, Kisten und Hausrat übereinander.

Oben am Haus öffnen sich die Türen und und plötzlich schwappt unsere Kindheit heraus: der alte Schrank, der Esstisch, die Bilder, sogar der alte Puppenwagen, der Globus und die Kinderski. Später sitzt meine Mutter im ehemaligen Klassenzimmer im Lieblings-Ohrensessel meines Vaters, inmitten von Kartons und Krempel. Was für ein merkwürdiges Déja vu.

Ansonsten haben wir noch keinen Strom, keinen Kühlschrank und vor allem keinen WLAN. Da merkt man erstmal wie abhängig man davon ist! Handyempfang hat man nur unter dem Olivenbaum hinten im Garten. Und das auch nur manchmal. Wir nennen es „unsere Telefonzelle“. Abwechselnd sitzen oder stehen wir unter dem Baum und versuchen, irgendwie zur Zivilisation durchzudringen. Eigentlich wäre die Schule der perfekte Ort für Digital Detox…

Meinen Bruder kostet es fast den letzten Nerv, weil er sich bemüht, Telefon, Kühlschrank, Betten und seinen Job zu organisieren. Leider muss ich nach zwei Tagen schon wieder fahren. Christoph und meine Mutter bleiben noch, um auszupacken und einzurichten, bevor wir uns in den Sommerferien alle dort treffen wollen.

Christophs Sommer-Langzeitprojekt: der Pool. Ja, wir haben ein kleines Tauchbecken! Ein absoluter Luxus… Im Moment leben darin noch Frösche und Lurche und das Wasser ist komplett grün. Aber bis zu den Ferien, soll das anders werden. So kommen wir zu dem unglaublich tollen Gefühl, eine Pool-Farbe aussuchen zu dürfen. Aqua, türkis, steingrau oder Karibik-Blau? Keine leichte Entscheidung… schließlich macht Karibik-Blau das Rennen.

Wir können es schon alle nicht mehr erwarten, im Sommer schwimmen zu gehen – das wird absolut großartig werden. Bis dahin gibt es noch viel zu tun: auspacken, einrichten, sich um den Garten kümmern, Basics organisieren und ganz wichtig: den Plancha Grill aufbauen!

Irgendwann tauchen natürlich auch die ersten Probleme auf (war ja irgendwie klar). Die Fenster, das wussten wir, aber auch das Dach müssen gemacht werden – ein Schock und eine große Investition. Natürlich haben wir auch alle unseren eigenen Geschmack, was Möbel und Deko angeht. Ich lege Kissen aufs Sofa, Christoph packt sie wieder weg. Oder auch über die Verteilung der Räume. Meine Schwester mag denselben wie Christoph. Der findet eh, dass die Zimmer nicht zugeordnet werden, ich aber brauche einen Rückzugsort, den ich mir auch selbst gestalten will … Alle haben wir das Gefühl, viele Kompromisse zu machen und tun es natürlich auch. Was für einige hitzige Diskussionen sorgt.

Ansonsten, da sind wir uns alle einig: wir wollen das Haus so lassen, wie es ist. Wir werden es nicht komplett renovieren oder modernisieren. Vielleicht irgendwann mal streichen, wo die Farbe zu sehr abblättert. Und auch das verschimmelte Bad muss irgendwann gemacht werden. Aber wir haben Zeit, viel Zeit. Die Schule ist Work in progress, sie wird ein Langzeit- und vielleicht auch ein Lebensprojekt, soviel steht fest.